Migrationsberatung bangt um finanzielle Förderungen
Wilhelmshaven - "Mit der neuen Bundesregierung endet die Flucht nicht, endet der Wunsch nicht, in einem sicheren Land Heimat zu finden", sagt der erste Stadtrat Armin Schönfelder mit Blick auf den neuen Koalitionsvertrag.
Denn darin sind verschiedene Kürzungen im Bereich der Flüchtlingshilfe vorgesehen. Für die Akteure des Netzwerks Migrationsberatung Wilhelmshaven ein Schlag ins Gesicht. Einrichtungen der Diakonie, der Caritas, des Paritätischen und das Team Flüchtlingsmanagement bilden seit zehn Jahren dieses Netzwerk. Die von der Bundesregierung vermutete sinkende Zahl der Flüchtenden sei in der Realität nicht erkennbar, so Alexander Witton, Geschäftsführer Caritas.
"Wir schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Der Trend zeigt ganz deutlich, dass die Migrationsberatung benötigt wird." Auch Rainer Päsler, Leitung Migrationsberatung, sieht, dass die Berater "völlig am Limit arbeiten. Das Beratungsaufkommen kannnicht kompensiert werden." Neben der Finanzierung zusätzlicher Stellen sei der schon jetzt bestehende Personalmangel eine große Hürde: Nur weil eine Stelle finanziert werden könne bedeute es nicht, sie ließe sich auch besetzen, so Päsler. Das liege unter anderem daran, dass Stellen in der Regel nur Projektbezogen geschaffen werden und es keine dauerhaft gesicherte Förderung der Migrationsberatung durch Bund und Land gebe.
Diese Projektierung sei ein Fallbeil - auch für das Personal, das jedes Jahr zu Weihnachten auf eine Verlängerung ihres Arbeitsvertrages unter dem Baum hoffen muss.
"Ich wünsche mir, dass wir aus dieser Projektförderung herauskommen. Migrationsberatung muss als dauerhafte Aufgabe gesehen werden", ergänzt Oberbürgermeister Carsten Feist. "Unser städtischer Haushalt ist auch wirklich nicht gut ausgeglichen, doch Hannover, Berlin und Brüssel sollten gut überlegen, wo sie kürzen."
In Wilhelmshaven leben mehr als 11.000 Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Mehr als jeder Vierte davon nimmt die Beratungsangebote wahr. Wenn das Angebot wegfallen würde, habe das Auswirkungen auf alle, erklärt Gabriele Kindt (Caritas).Denn die Vorarbeit, die das Netzwerk leiste (Anträge ausfüllen, Reihenfolgen erklären, Ansprechpartner vermitteln) spare wiederum den Behörden, die den Personalmangel ebenfalls spüren, eine Menge Arbeit und Zeit.
Die Sorge und Wut über die geforderten Kürzungen überschatteten den eigentlichen Grund des Zusammentreffens: das zehnjährige Bestehen des Netzwerks Migrationsberatung. "Das wesentliche Ziel war damals ein kontinuierlicher fachlicher Austausch",erklärt Naira Chatchatrjan, Migrationsberatung. "Zuvor haben alle Akteure in ihrem eigenen Dunstkreis gearbeitet.Keiner wusste, was der andere macht."
Heute tauscht sich das Netzwerk regelmäßig aus, bespricht schwierige Einzelfälle und kann Kunden schneller zur richtigen Stelle verweisen. Mehr als 7000 Beratungen kamen so im vergangenen Jahr zustande.