Ratsuchende rufen jetzt häufiger an
Schwangere sind oft auf Hilfe angewiesen. Das ist in Coronazeiten nicht einfach DPA-Foto: Stratenschulte
Wilhelmshaven/GB - Schon seit einem Jahr verändert die Corona-Pandemie das Leben der Menschen. Da bleibt es nicht aus, dass sie auch die Jahresstatistik von Beratungsstellen prägt. Menschen in Not treffe die Corona-Krise ganz besonders. Wenn vertraute Strukturen ins Wanken geraten, seien sie besonders auf Hilfe angewiesen, stellte die Schwangerschaftsberatung der Caritas in Wilhelmshaven im Frühjahr 2020 fest. Das belegen auch die Zahlen, über die die Mitarbeiterinnen Angelika Koke-Barkam und Ina Reichert jetzt berichteten. Auch wenn es infolge der Maßnahmen zur Kontakteinschränkungen seit Monaten keine direkten Beratungsgespräche, keine Termine in Schulen und mit Gruppen mehr gibt, haben sie nach eigenen Angaben "ordentlich zu tun".
Mehr Ratsuchende 411 Frauen und Familien haben sich ratsuchend an die Beraterinnen gewendet - weil andere Verpflichtungen wegfielen und sie auch personell gut besetzt waren, hätten allerdings auch mehr Telefonund Onlinetermine vereinbart werden können, so Angelika Koke-Barkam und Ina Reichert. Das Themenspektrum blieb breit, alle bestehenden Hilfen waren von Interesse. Bei vielen war die Verunsicherung spürbar. Einige hätten sehr unter den aktuellen Bedingungen gelitten.
Häufigere Kontakte Bemerkenswert vor allem: Die Kontakte haben sich intensiviert. Die meisten Ratsuchenden traten auch im vergangenen Jahr nur einmal mit der Beratungsstelle in Kontakt. Eine größere Anzahl aber meldete sich mehrfach. 2,4 Kontakte pro Ratsuchender gegenüber 1,7 im Vorjahr heißt das in der Statistik. Für die Beraterinnen ist das ein Beleg, dass die Anruferinnen merken, wie gut ihnen das Gespräch getan hat. Dass viele Ratsuchende sich immer mal wieder melden, hat aber auch damit zu tun, dass andere Kontaktmöglichkeiten durch Corona weggefallen sind. Es ist schwieriger geworden, neue Ansprechpartner zu finden, zumal ein hoher Anteil der Klientinnen einen Migrationshintergrund hat. Und oft stellt sich ein Problem nach dem anderen. Beispielsweise wenn die berufstätige Schwangere es zwar schafft, ein Beschäftigungsverbot zu erreichen. Dann aber sitzt sie in Coronazeiten isoliert zu Hause. Und dann erfährt sie, dass ihr eine Mehrlingsgeburt bevorsteht.
Neue Entwicklungen Ständig wieder auf neue Entwicklungen einstellen: Das gilt auch für die Mitarbeiterinnen. Die Politik stellt immer wieder neue Hilfen auch für Frauen und junge Familien zur Verfügung, über die sich dann auch die Beraterinnen auf dem Laufenden halten müssen. Aber auch die sich wandelnde Stimmungslage spielt eine Rolle. Die anfängliche Freude an der Entschleunigung, am nachlassenden Termindruck, am Zusammensein der Familie weicht einer Ernüchterung. Die Schließung von Kitas und Homeschooling strapaziert auf Sicht die Nerven.
Hilfen für Familien Das Nationale Zentrum für Frühe Hilfen gibt Tipps, wie Familien diese Zeit besser überstehen können. Davon hat sich auch die Caritas Wilhelmshaven einiges abgeschaut. Da die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen in den Second-Hand-Shops Carilädchen zurzeit keine Baby- und Kindersachen ausgeben dürfen, waren sie gerne bereit, Taschen mit dem Motto "Gute Familienzeit" zu packen mit Materialien, mit denen kleine Kinder sinnvoll beschäftigt werden können. Dazu gibt es ein Begleitblatt. Ob die Zeit gut ist oder nicht, wollen die Caritas-Beraterinnen gar nicht vorgeben. Ihnen liegt am Herzen, Ressourcen zu mobilisieren und Mut zu machen in einer Zeit, die niederdrückend wirkt.
Quelle: Wilhelmshavener Zeitung vom 18.Februar 2021