Warum Alkohol in der Schwangerschaft tabu ist
Wilhelmshaven - Jede Stunde wird in Deutschland ein Baby mit FASD geboren - mit der Fetalen Alkoholspektrumstörung. FASD ist eine Behinderung, die nur bei Kindern auftritt, deren Mütter in ihrer Schwangerschaft Alkohol konsumiert haben. Sie wäre zu 100 Prozent vermeidbar, erklärt Nicole Biela, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt.
Dr. med. Dorothee Veer (v.l.), Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, und Gisela Michalowski, Vorsitzende FASD Deutschland, trugen beim Fachnachmittag vor. Ines Köhler (Diakonie) und Angelika Koke-Barkam (Caritas) gehören zum Organisationsteam.@Björn Lübbe
Ein informativer Fachvortrag
Im Rahmen einer Kooperation der Franziskusschule, der Suchtberatung der Diakonie, des Präventionsteams der Polizeiinspektion Wilhelmshaven/ Friesland und dem Haven84 entstand die Präventionswoche "Schwanger! Alkohol? Nein, danke" mit der Wanderausstellung "Zero!". Das Ziel: Jeder Mensch soll von den Risiken des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft erfahren. Denn zurzeit wüsste jede zweite Deutsche von der Fetalen Alkoholspektrumstörung.
Dennoch trinke jede fünfte Frau in der Schwangerschaft. Eröffnet wurde sie am Montag mit einem Fachnachmittag. Dr. med. Dorothee Veer, Oberärztin am Krankenhaus Ludmillenstift in Meppen und Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Neuropädiatrie, klärte in einem Fachvortrag über die Folgen für das Kind auf. FASD sei optisch relativ leicht zu erkennen: Meist haben die Kinder eine schmale Lidspalte sowie ein flaches Philtrum (Einbuchtung in der Mitte der Oberlippe) und dadurch nur wenig Lippenrot.
Kinder haben Beeinträchtigungen
Besonders eingeschränkt seien die Kinder aber geistig. Sie haben Defizite in der Sprache, Feinmotorik, Sozialverhalten und in ihrer Wahrnehmung. Auch die Lern- und Merkfähigkeit sei stark eingeschränkt. Das bestätigt auch Gisela Michalowski, Vorsitzende des Vereins FASD Deutschland, in ihrem Vortrag. Die Sozialpädagogin ist außerdem Pflege-, Adoptiv- und leibliche Mutter. Ihre zwei leiblichen Kinder seien gesund, doch sie habe Pflege- und Adoptivkinder mit FASD. "Ich sehe deutlich, wie anders sich die Kinder
mit FASD entwickeln", so Michalowski. Zehn Kinder habe sie insgesamt und das geistige Alter der Kinder mit FASD entspreche nur selten ihrem tatsächlichen. "Sie haben meist sechs Jahre Differenz, das werden sie auch niemals aufholen."
Für vieles benötigten sie deutlich mehr Energie als gesunde Kinder. "Die gesunden Kinder gehen hauptsächlich gerade durch das Leben. Kinder mit FASD biegen fünfmal falsch ab und gehen dann noch einmal rückwärts, ehe sie ans Ziel kommen", erklärt die Pädagogin. Das starte schon bei kleinen Dingern, wie dem Anziehen am Morgen.
"Dafür legen wir eine Bekleidungsstraße, an dessen Reihenfolge sie sich orientieren können. Sonst landet schon einmal die Unterhose über der Jeans."
Die interaktive Wanderausstellung im Jugendtreff Haven84, Bremer Straße 84, klärt interaktiv darüber auf, warum schon ein kleiner Schluck Alkohol für das noch ungeborene Kind ein Leben mit mehr Herausforderungen als nötig bedeuten kann.